Brand Voice Guidelines im UX-Writing: Was du dazu wissen musst

Im UX-Design wird oft über die Bedeutung einer klaren und konsistenten Nutzererfahrung gesprochen. Doch ein oft unterschätzter Teil dieser Erfahrung ist die Stimme deiner Marke – die „Brand Voice“.

Wenn du dich mit UX-Writing beschäftigst, hast du sicherlich schon gemerkt, dass die Wahl der richtigen Worte und des richtigen Tons entscheidend für den Erfolg eines Projekts sind.

Hier kommen die Brand Voice Guidelines ins Spiel, die dir dabei helfen, deine Kommunikation zu standardisieren und sicherzustellen, dass die Stimme deiner Marke in jeder Interaktion einheitlich bleibt.

Was sind Brand Voice Guidelines?

Brand Voice Guidelines sind im Grunde ein Regelwerk, das definiert, wie deine Marke in der Kommunikation auftritt. Sie legen fest, welche Sprache verwendet wird, welche Werte und Persönlichkeitsmerkmale die Marke transportieren soll und wie sie sich in verschiedenen Situationen ausdrückt.

Diese Richtlinien helfen nicht nur dabei, die Botschaften deiner Marke konsistent zu halten, sondern auch dabei, ein unverwechselbares Nutzererlebnis zu schaffen.

Gerade im UX-Writing, wo es darum geht, klare, benutzerzentrierte Texte zu verfassen, sind Brand Voice Guidelines unerlässlich. Sie sorgen dafür, dass die Texte auf deiner Website, in Apps, E-Mails oder auch in Marketingmaterialien nicht nur verständlich, sondern auch konsistent und markengetreu sind.

Beispiele für gelungene Brand Voice Guidelines

Um zu verstehen, was Brand Voice Guidelines sind, hilt ein Blick auf bestehende Beispiele.

Erfreulicherweise teilen eine wachsende Anzahl Unternhemen ihre Brand Voice Guidelines öffentlich. Hier ein paar Beispiele, die wir mögen und die wir in unseren UX-Writing Kursen jeweils anschauen — lass dich inspirieren!

Warum Brand Voice Guidelines für UX-Writing unverzichtbar sind

Brand Voice Guidelines sind ein unverzichtbares Werkzeug für erfolgreiches UX-Writing (und darüber hinaus). Sie helfen dir dabei, die Stimme deiner Marke klar und konsistent zu halten, was sich direkt auf die Nutzererfahrung auswirkt.

Hier sind einige Gründe, warum diese Guidelines so wichtig sind:

  • Konsistenz: Brand Voice Guidelines stellen sicher, dass die Marke in jeder Interaktion – ob auf der Website, in der App oder in E-Mails – dieselbe Sprache und denselben Ton verwendet. Diese Konsistenz stärkt die Wiedererkennbarkeit der Marke und sorgt dafür, dass die Nutzer sich mit ihr vertraut fühlen.

  • Zusammenarbeit im Team: Wenn alle Teammitglieder auf dieselben Sprachrichtlinien zurückgreifen können, wird die Zusammenarbeit erheblich erleichtert – jeder weiss, wie die Marke klingen soll, und kann entsprechend agieren.

  • Nutzerzentrierung: Indem die Guidelines die Erwartungen und Vorlieben der Zielgruppe berücksichtigen, tragen sie dazu bei, ein positives Nutzererlebnis zu schaffen. Die Marke spricht die Nutzer genau so an, wie es für sie am besten passt, was die Zufriedenheit und Loyalität stärkt.

  • Briefing von Agenturen und KI-Tools: Falls du qualitativ hochwertige Texte mithilfe externer Mitarbeitenden oder künstlicher Intelligenz (KI) verfassen willst, musst du diese gut briefen. Dazu gehören auch klare Anweisungen zu deiner Brand Voice.

  • Effizienz: Mit klaren Guidelines können Texte schneller und gezielter erstellt werden. Das spart Zeit und reduziert den Abstimmungsaufwand, da weniger Missverständnisse entstehen und der Korrekturbedarf sinkt.

  • Qualitätssicherung: Die Brand Voice Guidelines fungieren als Qualitätsstandard, an dem sich alle Texte messen lassen. Dadurch wird sichergestellt, dass die Kommunikation stets den hohen Ansprüchen der Marke entspricht und keine unerwünschten Abweichungen entstehen.

Damit diese Punkte zum Tragen kommen, ist es wichtig, dass die Guidelines nicht erstellt und in der Schublade landen — eine Herausforderung, die wir von vielen Kursteilnehmenden unserer UX-Writing-Kurse zu hören bekommen. Siehe dazu den Abschnitt unten zu Künstlicher Intelligenz für Brand Voice Guidelines - dieses Problem wird bald gelöst sein.

Der Unterschied zwischen Brand Voice und Tone of Voice

Häufig werden „Brand Voice“ und „Tone of Voice“ synonym verwendet, doch es gibt feine Unterschiede:

  • Brand Voice: Dies ist die konstante Stimme deiner Marke, die sich in allen Kommunikationsformen widerspiegelt. Sie bleibt unabhängig vom Kontext gleich und repräsentiert die Persönlichkeit und Werte der Marke.

  • Tone of Voice: Der Tonfall deiner Kommunikation kann sich je nach Situation ändern. Während die Brand Voice gleich bleibt, passt sich der Tonfall an den jeweiligen Kontext an. Zum Beispiel kann der Ton in einem Newsletter locker und humorvoll sein, während er in einer offiziellen Pressemitteilung formeller und professioneller ist.

Das Verständnis dieser Unterschiede hilft dir, die Kommunikation flexibel zu gestalten, ohne dabei die Konsistenz der Markenpersönlichkeit zu verlieren.

Tipps und Tricks: So erstellst du effektive Brand Voice Guidelines

Das Erstellen von Brand Voice Guidelines ist ein Prozess, der Research, Kombinationsfähigkeit und Zusammenarbeit erfordert. Hier sind einige Schritte, die dir dabei helfen, starke und wirkungsvolle Richtlinien zu entwickeln:

1. Lerne die Marke kennen - was existiert bereits?

Vielleicht (in grösseren Firmen: Sehr wahrscheinlich) hat jemand bereits Vorarbeit geleistet.

Schau dir vorhandene Design- und Brandingmaterialien an. Du wirst wahrscheinlich Inormationen finden, die relevant sind für die Brand Voice Guidelines. Diese Materialien können sein:

  • Vision, Mission und Werte des Unternehmens

  • Branding-Handbuch

  • Briefings, die für Agenturen angefertigt wurden

  • Unternehmenspräsentationen, z.B. Pitchs für Investoren

  • UX-Dokumente wie Personas oder Empathy Maps

3. Definiere oder identifiziere die Markenpersönlichkeit

Die Grundlage jeder Brand Voice ist die Persönlichkeit der Marke. Abgeleitet von bestehenden Vorstellungen und Dokuemente zur Marke, frage dich: welche Eigenschaften die Marke ausmachen (sollen). Ist die Marke eher seriös oder verspielt? Freundlich oder professionell? Direkt oder umschweifend? Diese Eigenschaften helfen dir, die Stimme der Marke zu definieren und die richtigen Worte zu finden.

Ein hilfreicher Ansatz ist es, die Markenpersönlichkeit in wenigen Adjektiven zusammenzufassen und Beispiele zu sammeln, wie diese Adjektive in der Kommunikation zum Ausdruck kommen könnten.

2. Involviere die richtigen Abteilungen und Rollen

Brand Voice Guidelines sollten nicht isoliert erstellt werden. Es ist wichtig, dass verschiedene Abteilungen in den Prozess involviert sind, um ein vollständiges Bild zu erlangen und ein “Not Invented Here”-Syndrom zu vermeiden. In grösseren Firmen gehören dazu:

  • Marketing/ Branding: Diese Abteilung hat oft den besten Überblick darüber, wie die Marke wahrgenommen werden soll und welche Zielgruppen angesprochen werden.

  • UX-Design und UX-Writing: Da es in den Guidelines darum geht, die Stimme der Marke in der Benutzererfahrung zu verankern, ist die Expertise von UX-Designern und UX-Writern unerlässlich.

  • Kundenservice: Diese Abteilung kennt die Anliegen und Fragen der Kunden am besten und kann wertvolle Einblicke geben, wie die Marke in der Kommunikation auftreten sollte.

  • Produktentwicklung: Besonders in technischen Unternehmen sollte auch die Produktentwicklung einbezogen werden, um sicherzustellen, dass die Guidelines den technischen Anforderungen und dem Produkt selbst entsprechen.

In kleinen Firmen kann das anders aussehen — vielleicht bist es vielleicht nur du selbst.

2. Höre deiner Nutzerschaft zu

Die beste Brand Voice ist diejenige, die sich an die Erwartungen, Vorstellungen und Vorlieben deiner Nutzerschaft anpasst.

Als UX-Fachperson weisst du, dass der Erfolg eines Produkts nicht allein von den Wünschen interner Stakeholder abhängt, sondern vor allem davon, wie gut es den Bedürfnissen und Wünschen der Nutzer entspricht. Dasselbe gilt für die Sprache, die du in der Kommunikation verwendest.

Welche Begriffe verwendet deine Nutzerschaft? Welche Tonalität bevorzugen sie? Sind sie eher formell oder informell unterwegs? Fühlen sie sich von einer humorvollen Ansprache angesprochen oder schätzen sie eher eine sachliche und präzise Kommunikation?

Quellen für authentische Nutzersprache sind z.B:

  • Antworten auf offene Fragen in einer Umfrage

  • Online Communities zu relevanten Themen (z.B. auf LinkedIn oder Meetup)

  • Support-Protokolle per E-Mail oder Chat

  • Aufzeichnungen von Call-Center Gesprächen

  • Transkripte oder Aufzeichnungen von Usability-Tests oder Interviews

  • etc.

3. Entwickle konkrete Sprachregeln

All deine Erkenntnisse führst du zu deinem Brand Voice Guidelines zusammen. Aspekte die du berücksichten kannst, sind:

  • Wortwahl: Welche Wörter nutzt meine Nutzerschaft und passen zur Marke? Gibt es bestimmte Begriffe, die vermieden werden sollten? Achte darauf, dass die Wortwahl zur Identität und den Werten der Marke passt, bei den Nutzern die gewünschten Assoziationen weckt und von ihnen verstanden wird.

  • Ansprache: Wie werden die Nutzer angesprochen? Per „Du“ oder „Sie“? Formell oder informell? Die Wahl der Ansprache ist entscheidend für das Nutzererlebnis. Eine formelle Ansprache kann Vertrauen und Professionalität vermitteln, während eine informelle Ansprache Nähe und Zugänglichkeit fördert. Was funktioniert und was nicht, hängt übrigens auch stark vom Kulturraum ab.

  • Gendern: Inklusive Sprache ist heute wichtiger denn je. Überlege dir, wie du in deinen Texten gendern möchtest, um alle Nutzer gleichermassen anzusprechen. Entscheidest du dich für die Nutzung von Gendersternchen, Doppelpunkten, oder der Nennung beider Geschlechter? Die Art des Genderns sollte zur Markenpersönlichkeit passen und gleichzeitig den Anspruch erfüllen, alle Nutzer wertschätzend anzusprechen.

4. Beziehe unterschiedliche Szenarien ein

Eine Marke kommuniziert in verschiedenen Kontexten, und die Brand Voice muss in all diesen Szenarien konsistent bleiben. Überlege, wie die Marke in unterschiedlichen Situationen klingen sollte:

  • Support-Anfragen: Der Ton sollte verständnisvoll und unterstützend sein.

  • Produkt-Launches: Hier darf die Stimme vielleicht etwas enthusiastischer sein.

  • Fehlermeldungen: Diese sollten klar, aber auch freundlich und lösungsorientiert sein.

5. Plane ausreichend Zeit ein

Die Erstellung von Brand Voice Guidelines erfordert Zeit. Plane genügend Zeit ein, um Feedback von der Nutzerschaft und von verschiedenen Abteilungen einzuholen, Beispiele zu entwickeln und die Guidelines zu testen. Dieser Prozess kann mehrere Wochen bis Monate in Anspruch nehmen, je nach Grösse des Unternehmens und Komplexität der Marke.

Künstliche Intelligenz und Brand Voice Guidelines

Künstliche Intelligenz (KI) kann dir die Arbeit bei der Erstellung deiner Brand Voice Guidelines bisher nicht abnehmen, aber sie kann eine entscheidende Rolle dabei spielen, diese in der gesamten Firma konsequent umzusetzen.

Die Gefahr, dass clevere Guidelines in der Schublade verschwinden, wird durch den Einsatz von KI deutlich reduziert.

Hier sind einige Anwendungen, die wir regelmässig nutzen und/ oder beobachten und dir beim Umsetzen deiner Brand Voice Guidelines helfen können:

  • Frontitude: Bei diesem diesem UX-Writing Tool (mit Figma-Integration!) kannst du deine Brand Voice Guidelines hinterlegen. Der Frontitude-KI-Assistent greift dann darauf zu, wenn er für dich Textvorschläge macht. So bleiben die Guidelines nicht nur ein theoretisches Konzept, sondern werden aktiv in den Arbeitsalltag und den Arbeitskontext von UX-Designern, z.B. Figma, integriert. Wir sind noch nicht 100% happy mit dem Resultat, das Frontitude kreiert (vor allem auf Deutsch), aber es geht in die richtige Richtung!

  • Witty Works: Dieses Tool unterstützt dich speziell beim inklusiven Schreiben. Es hilft dir dabei, gendersensible und inklusive Sprache in deinen Texten zu verwenden, sodass deine Kommunikation nicht nur markenkonform, sondern auch zeitgemäss und wertschätzend ist. Ausserdem kannst du Blacklist-Begriffe hinterlegen, die du vermeiden möchtest. Es gibt eine wachsende Anzahl Integrationen, leider noch keine für Figma.

  • ChatGPT Pro: Mit ChatGPT Pro kannst du eigene GPTs erstellen, die speziell auf deine Brand Voice trainiert sind. Diese massgeschneiderten KI-Modelle helfen dir dabei, konsistente Texte zu generieren, die perfekt zur Stimme deiner Marke passen – egal, ob es sich um kurze UX-Texte oder längere Kommunikationsmaterialien handelt. Funktionier bereits überraschend gut für Blogs und Co., auch wenn wir die Texte, die wir so schreiben, am Schluss noch etws rausputzen. Für UX-Writing, insbesonder Microcopy, funktioniert es leider nur mässig, weil die Resultate nicht kontextorientiert und oft wenig prägnant sind.

Fazit zu Brand Voice Guidelines im UX-Writing

Brand Voice Guidelines sind ein essenzieller Bestandteil eines konsistenten UX-Writings. Sie sorgen dafür, dass die Kommunikation deiner Marke einheitlich, klar, wiedererkennbar und nutzerzentriert bleibt. Indem du die richtigen Abteilungen einbeziehst, auf deine Nutzer hörst, die Markenpersönlichkeit klar definierst und konkrete Sprachregeln aufstellst, legst du den Grundstein für eine effektive und benutzerzentrierte Kommunikation.

Mit den richtigen Guidelines in der Hand kannst du sicherstellen, dass jede Interaktion, die ein Nutzer mit deiner Marke hat, nicht nur funktional, sondern auch markenkonform und überzeugend ist. So trägst du dazu bei, das Nutzererlebnis auf ein neues Level zu heben – und das ist letztlich das Ziel von gutem UX-Writing.


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