“Schlechtes UX‑Writing ist ein Hauptgrund für Frust bei Usern”

Laura Quintana, UX-Researcher und Gründerin

Laura Quintana ist UX-Researcher und Gründerin bei UX Research Station. Im Gespräch erzählt sie, wie sie durch UX-Writing einen neuen Blick auf ihre Arbeit entwickelte – und warum Worte im User Testing oft den entscheidenden Unterschied machen.


Das Wichtigste in Kürze:

  • Worte wirken – im Guten wie im Schlechten. Schon einzelne Worte können entscheiden, ob Nutzende eine Aufgabe verstehen – oder daran scheitern. Das zeigen User Tests immer wieder.

  • UX-Writing-Überlegungen gehören dazu – von Anfang an. Eine ungeschickte Wortwahl kann ein ganzes Prototypen-Testing zerstören, weil sie von allem anderen ablenkt.

  • UX-Research und UX-Writing stärken sich gegenseitig. Gutes UX-Writing braucht ein klares Verständnis der Nutzerschaft – diese Anforderung hilft beim Formulieren zielführender Forschungsfragen. UX-Researcher, die UX-Writing beherrschen, können ihre Research-Ergebnisse wiederum in gute UX-Writing Empfehlungen übersetzen. 

  • Sprache fördert die UX-Maturität im Unternehmen. Kontext- und nutzerzentrierte Worte verbessern nicht nur Interfaces, sondern auch die Zusammenarbeit im Team und über Abteilungen hinweg.

  • UX-Writing schafft ein Bewusstsein für Sprache – auch im Research. Das Eintauchen in UX Writing half Laura, sprachgebundene Research Erkenntnisse als solche zu benennen. Ausserdem kann sie Stakeholdern jetzt aufzeigen, wie sie mit UX Writing ihre Nutzenden besser leiten und Missverständnisse vermeiden.


UX-Writing trifft UX-Research: Was Sprache im Testing bewirken kann

UX wurde lange stärker mit Design und Gestaltung in Verbindung gesetzt in der UX Community als mit Sprache - auch für Laura. Zwar war ihr immer bewusst, dass Kommunikation und Wortwahl entscheidend sind: Sprache ist bei allen User Tests ein zentrales Thema. Aber erst mit dem Begriff ‘UX-Writing’ fand sie eine Möglichkeit, sich tiefer einzuarbeiten:

„Es gibt Dinge, da weiss man, die sind wichtig, man hat aber noch keinen Begriff dafür.”

Durch UX-Writing hatte Laura plötzlich Orientierung: “Endlich ein Begriff, mit dem ich gezielter suchen, und Herangehensweisen vergleichen konnte.“

Was sie in der vertiefenden Auseinandersetzung mit UX-Writing lernte, war für sie sofort anwendbar. Sie verstand, wie Sprache im UX systematisch gedacht wird, und wie sie ihr eigenes Research-Wissen damit verknüpfen kann:

„Plötzlich konnte ich meine Empfehlungen besser fundieren: Wenn ich eine Hürde aufdecke, weiss ich nun auch, wo man an der Sprache schrauben kann, um diese Hürde aufzulösen.“


Schöpfe das volle Potenzial deiner UX‑Arbeit aus

Schau dir unsere UX-Writing Kurse für UX-Enthusiasten an.


UX‑Writing hilft UX‑Research – und umgekehrt

Aus ihrer Erfahrung weiss Laura: Wenn UX-Writing im Team verankert ist, profitieren alle – auch UX-Research. 

Im UX-Writing bieten wir Orientierung mit Worten. Dabei ist ein glasklares Verständnis des Prozesses und der Kundenbedürfnisse ein Muss – sonst verlieren die Worte ihre Präzision und ihre Wirkung. Das macht UX-Writer zu natürlichen Verbündeten im Researchprozess:

„UX-Writer stellen oft präzisere Fragen, weil sie genauer wissen, wo noch Wissenslücken sind”, so Laura.

“Mit diesen Fragen als Ausgangslage kann ich als UX-Researcher viel gezielter arbeiten – das ist enorm hilfreich.“

Auch Laura hat sich ein fundiertes UX-Writing-Verständnis angeeignet.

“Mit UX-Writing im Rucksack kann ich bessere Empfehlungen abgeben, wenn ich die Ergebnisse aus meiner Research-Tätigkeit vermittle.”

So entstehen auf Basis echter Nutzerfeedbacks sofort bessere Microcopy-Vorschläge. Zusammenfassend ist für Laura klar, dass das Zusammenspiel von UX-Research und UX-Writing zu besseren Ergebnissen führt: „UX-Writing hilft mir, besser zu testen. Und es hilft der Firma, besser umzusetzen.“

Worte als messbare Stellschraube: UX‑Writing darf kein “Afterthought” sein

Es gibt wohl keinen Test, bei dem die Worte im User Interface nicht auf die eine oder andere Art Thema werden. Dementsprechend spielen Worte in Lauras Arbeitsalltag eine zentrale Rolle. Sie dienen nicht selten als Augenöffner:

“In User Tests sehe ich, dass schlechtes UX-Writing ein Hauptgrund für Missverständnisse und Frust ist.” sagt Laura. 

Das gelte übrigens auch umgekehrt: Gute Sprache schafft Klarheit, gibt Orientierung und baut Vertrauen auf. Sprache ist eine messbare Stellschraube – und wird trotzdem oft unterschätzt. 

„Wenn zu wenig Gedanken ins UX-Writing einfliessen, kann das ein ganzes Testing zerstören. Einzelne Worte lenken so sehr ab, dass der Rest gar nicht mehr wahrgenommen wird.”

Das heisst: Die Testpersonen kommen mental kaum mehr von diesem Wort los, insbesondere, wenn es unsensibel, unlogisch oder grammatikalisch (sehr) falsch geschrieben ist. 

Deshalb ist es wichtig, UX-Writing nicht als "Afterthought" zu behandeln. UX-Writing muss früh im Designprozess mitgedacht werden und auch bereits in den Prototypen und ins Testing einfliessen.

“Wer UX-Writing zu spät einbindet, riskiert inkonsistente Sprache, unnötige Nacharbeit und ungenutztes Potenzial”, so Laura. Zum Beispiel kann eine optimierte Button-Beschriftung die Conversion-Rate signifikant steigern oder Supportkosten reduzieren.

UX-Writing als Hebel für UX‑Maturität

UX-Writing stärkt die UX-Maturität im ganzen Unternehmen – weit über das UX-Team hinaus. Dadurch entstehen effizientere Prozesse, konsistente Produkte und ein besseres Verständnis zwischen Teams. 

„Ich bin ein grosser Fan von allem, was gemeinsames Denken fördert – auch über Produkt, Marketing, Management und Prozesse hinweg”, sagt Laura. “UX-Writing ist hierfür ein Paradebeispiel.”

Denn Sprache wirkt nicht nur auf der Oberfläche, sondern strukturiert auch die interne Zusammenarbeit.

“Wenn alle dasselbe meinen, aber unterschiedliche Worte verwenden, entstehen Missverständnisse, Reibungsverluste – oder falsche Entscheidungen. Dem wirkt das Nachdenken über die Sprache und ihren Gebrauch entgegen – sei es bei Kund*innen oder bei Mitarbeitenden.” 

Ausserdem bietet UX-Writing unzähligen Rollen im Unternehmen einen Hebel, um die User Experience zu verbessern und den positiven Effekt von Nutzerzentriertheit zu spüren. 

“Jeder hat eine Tastatur am Computer. Fast jeder nutzt Worte in seinem Arbeitsalltag. Sind diese Worte UX-optimiert, wird die Nutzererfahrung besser – für die Kunden, aber auch bei der internen Zusammenarbeit.”

Fazit: UX‑Writing gehört dazu – von Anfang an

Lauras Erfahrungen machen deutlich: UX-Writing ist kein Add-on, sondern ein integraler Bestandteil guter UX. Es hilft, präziser zu testen, Erkenntnisse klarer zu kommunizieren und Produkte wirkungsvoller umzusetzen.

Vor allem aber schafft es die gemeinsame Sprache – innerhalb von Teams und über Silos hinweg. Wer UX-Writing früh einbindet, stärkt nicht nur die Nutzererfahrung, sondern auch die UX-Maturität im gesamten Unternehmen. Denn eine gute UX beginnt oft mit einer einfachen Frage: Wie sagen wir das eigentlich und wem?


UX-Writing lernen?

Vom kostenlosen Intro-Kurs bis zur Masterclass — bei uns holst du dir die UX-Writing-Kompetenz, die du brauchst.


Laura Quintana besuchte im Sommer 2024 den UX-Writing Foundations Kurs von The Gondola. Zu den UX-Writing Kursen…

Weiter
Weiter

UX-Writing beginnt mit Verstehen, nicht mit Schreiben